Demokratie ohne Wähler?
Die diesjährigen Schloßgespräche in Offenstetten, veranstaltet vom FDP Kreisverband Kelheim, standen unter dem Motto „Demokratie ohne Wähler?“.
Gäste der Podiumsdiskussion waren: Dr. Matthias Fatke, wissenschaftlicher Assistent am Lehrstuhl für Vergleichende Politikwissenschaft an der LMU München, der sich unter anderem in einer Publikation mit Nichtwählertypen auseinandergesetzt hat. Marlene Gruber, junge Kommunalpolitikerin in Rohr. Seit drei Jahren sitzt sie für die Bürgerliste 2020 im Marktgemeinderat und Dr. Franz Berger aus Abensberg, Vorsitzender vom Bund Aktiver Nichtwähler Deutschland e.V. Moderator des Abends war der Landshuter FDP-Stadtrat Norbert Hoffmann.
„Wahlen sind ein elementarer Grundstein der Demokratie.“, so die FDP-Kreisvorsitzende Maria Raum einführend. Gefährdet also eine sinkende Wahlbeteiligung die Demokratie? Diese Frage sollte im Laufe des Abends erörtert werden.
Dr. Fatke verneinte dies: „Sorge um die Demokratie hätte ich eher, wenn der Anteil derer, die kein Vertrauen in das politische System haben, steigen würde. Diese Zahlen sind aber stabil.“ Der Anteil der Nichtwähler hingegen ist für ihn kein Gradmesser. Hoffmann meinte einen Trend zur sinkenden Wahlbeteiligung festzustellen. Doch wer ist der Typ Nichtwähler? Laut Dr. Fatke gebe es nicht den typischen Nichtwähler. Vielmehr gibt es sowohl in der Schweiz, wo Dr. Fatke seine Forschungen betrieben hat, als auch in Deutschland unterschiedliche Gründe, nicht an Wahlen teilzunehmen. „Es ist eine Verkürzung, dass alle Nichtwähler unzufrieden sind.“, so Dr. Fatke. „Viele haben das Gefühl, dass es auch ohne eigene Beteiligung gut läuft. Andere haben vielleicht auch nicht die Ressourcen sich einzubringen. Nichtwählen könnten grob eingeteilt werden in kann nicht, will nicht, niemand hat gefragt.
Dr. Berger möchte als Hauptzielgruppe seines Vereins die frustrierten Nichtwähler, die aus Protest nicht mehr wählen gehen, ansprechen. Es sei keinesfalls die Idee, Leute vom Wählen abzuhalten. Vielmehr habe ihn das Thema Nichtwähler schon länger beschäftigt. Idee hinter dem Verein sei der Gedanke, dass man den Leuten, die nicht wählen gehen, dennoch eine Stimme gibt durch Lobbyismus für sie, der fünften Macht im Staate.“, so Dr. Berger. Der Verein sei nicht zu verwechseln mit der Partei der Nichtwähler.
Gruber findet es keineswegs frustrierend, wenn Leute nicht zum Wählen gehen. Sie denkt eher, dass dies auf eine Art Zufriedenheit der Leute schließen lässt. Als Kommunalpolitikerin glaubt sie, dass sie es mitbekommen würde, wenn es schwere Misstände gäbe. Ihrer Meinung nach, fehle es auch nicht an demokratischer Legitimation, da ja niemand wählen gehen muss.
Auf das Thema Wahlpflicht angesprochen, meinte Dr. Fatke: „Eine Wahlpflicht halte ich für eher schlecht für die demokratische Legitimation. In Ländern mit Wahlpflicht geben Leute auch oft ihre Stimme ab, ohne sich mit Politik beschäftigt zu haben.“
Moderator Norbert Hoffmann brachte das Beispiel ein, dass in Landshut bei der Kommunalwahl zehn Listen mit je 44 Bewerbern existierten, aber dann nur eine Wahlbeteiligung von 39% zustande kam. Einen Erklärungsversuch wagte Marlene Gruber. Sie sieht zum Teil die Ursache darin, dass die Probleme in den Kommunen manchmal nicht so schwer wiegend sind.
Aus dem Plenum kam der Vergleich damals heute. Es fehlen klare Aussagen. Die Politiker möchten niemanden verärgern und es allen recht machen. Dr. Fatke bestätigte dies und sieht eine Ursache darin, dass Politiker heute entsprechende Kommunikationstechniken in Medientrainings lernen. Gruber gab zu bedenken, dass Fragen oft nicht einfach zu beantworten sind, und dass Leute von ihr ein einfaches Ja/Nein erwarten, sie selbst aber die Thematik erklären möchte.
Auf das Alter der Nichtwähler angesprochen, meinte Dr. Fatke: „Junge Leute gehen stärker zum Wählen, wenn ihre Freunde gehen, während bei Älteren eher der Protest stark ausgeprägt ist.“
Fazit: Nicht unbedingt das Erhöhen der Wahlbeteiligung wäre wünschenswert, vielmehr wäre es wichtig, dass die Politiker den Bürgern zuhören.