Apotheker Markt im Umbruch

Diskussion über die Medikamentenversorgung der Zukunft

Gemäß einer aktuellen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs verstößt die deutsche Preisbindung verschreibungspflichtiger Medikamente gegen Unionsrecht. Beim grenzüberschreitenden Arzneimittelversand ist die Preisbindung nicht wirksam.

Dies nahm die Kreis-FDP zum Anlass eine Podiumsdiskussion mit dem Thema „Apothekenmarkt im Umbruch? – Zukunft der Medikamentenversorgung“ durchzuführen.

Die Liberalen luden Hans Hillerbrand Inhaber der Gabelsberger Apotheke in Mainburg und Pressesprecher der Bayerischen Landesapothekerkammer im Landkreis Kelheim, Sissy Hutterer, Verbraucherin und Kundin, Dr. Heinz Kroiss seit 28 Jahren Allgemeinarzt in Abensberg und Prof. Dr. Andrew Ullmann, Internisten und Gesundheitspolitiker der FDP Bayern nach Neustadt in den Gasthof Gigl.

Maria Raum Kreisvorsitzende der FDP Kelheim und Moderatorin des Abends versäumte eingangs nicht darauf hinzuweisen, dass es zu diesem Thema auch in der FDP sehr differenzierte Meinungen gibt und befragte eingangs Hans Hillerbrand zu seiner Einschätzung hinsichtlich des Versandhandels auf die Apotheken vor Ort.

Für Hillerbrand steht hier die Problematik im Vordergrund, dass die ausländischen großen Versandhändler in erster Linie Marktanteile gewinnen wollen und einen Preisdruck herstellen, indem sie den Patienten Zuzahlungsbeiträge erstatten. Die Gefahr bestehe insbesondere darin, dass die Krankenkassen auf ihre Patienten Druck ausüben könnten, indem sie mit ausländischen Versandhandelsfirmen Selektivverträge abschließen und den Patienten dann nicht mehr die Wahl lassen, wo sie bevorzugt ihre Medikamente beziehen wollen.

Während Hillerbrand ein Verbot des Versandhandels als Lösung sieht, möchte Prof. Ullmann bei der „Hyperregulierung“ des deutschen Medikamentenmarktes ansetzen. Ein totales Verbot des Versandhandels hält er lediglich für ein Aufschieben des wirklichen Problems, da dieses nach seiner Einschätzung nicht europarechtskonform sei und wiederum aufgehoben werde. Sissy Hutterer, bekennende langjährige Kundin der Versandapotheken, wies auf die ständigen Veränderungen am Markt auch in anderen Bereichen hin. Einen Vorteil am Versandhandel sieht sie darin, dass es keine Öffnungszeiten gibt. Sie habe bisher nur positive Erfahrungen gemacht. Dr. Kroiss machte deutlich, dass er im Laufe seiner ärztlichen Tätigkeit die Beratung der Apotheken zunehmend schätze. So wüssten viele Patienten oft schon bei Abholung der Medikamente in der Apotheke nicht mehr, welche Einnahmeempfehlung ihnen der Arzt gegeben habe. Eine zusätzliche Beratung durch den Apotheker –etwa auch wegen nachträglich auftauchender Fragen des Patienten oder zu Wechselwirkungen – ist besonders wichtig. Für Dr. Kroiss ist eine flächendeckende Versorgung auf dem Land ein wichtiger Baustein im Gesundheitssystem. Laut Hillerbrand gibt es etwa 25 Apotheken auf hunderttausend Einwohner in Deutschland. Er gab zu bedenken: „Bei einer sinkenden Zahl können die Notdienste zu denen der Versandhandel keinen Beitrag leistet, immer schlechter geleistet werden.“

Sissy Hutterer sieht für die traditionellen Apotheken die Zukunft darin, dass sie dem Patienten vielfältige Zusatzangebote bieten. So gebe es schon jetzt Apotheken, die ihren Kunden die Medikamente an die Haustüre ausliefern, Bestellungen über WhatsApp annehmen usw.

In der Diskussion mit den Zuhörern kam noch zur Sprache, dass es immer wieder Medikamentenengpässe gibt, weil bei wenigen Herstellern die Risiken und Abhängigkeiten groß sind. Da die traditionellen Apotheken einen gewissen Bestand vorrätig halten müssen, könnten diese dazu beitragen, dass bei einem Lieferengpass der Ausfall für die Kunden sich weniger schnell und deutlich bemerkbar macht.

Die inländischen Apotheken haben jedoch nicht nur mit Preisbindung zu kämpfen, sondern unterliegen auch weiteren Regulierungen. Etwa dahingehend, dass Apotheken nur Inhabergeführt, also nicht als Kapitalgesellschaften in Deutschland eröffnet werden dürfen.

Doch es wurde an diesem Abend auch klar formuliert: Die Patienten haben es selbst in der Hand. Der Ruf nach wohnortnaher Versorgung alleine macht es nicht. Die Patienten müssen schon auch ihre Einkäufe in den Läden vor Ort tätigen.